Eigentlich ist es ganz einfach:
Nehmen zum Beispiel Gewitterwolken, Schäfchenwolken und Dampfwolken.
Oberbegriff ist „Wolke“.
Oberbegriffe sind immer die kurzen Begriffe. Die Untergruppen werden daraus abgeleitet; durch vorangestellte oder angehängte Wortergänzungen (Prä- oder Suffixe).
Und nun soll das bei Menschen anders sein, weil die Männer den so wichtigen Kurzbegriff in Beschlag genommen haben?
Dabei wollten „die Männer“ das gar nicht. Fatalerweise haben in den 1990er Jahren Gerichte und Bundesrat diesen Eingriff in die Sprache vorgeschrieben, weil eine Frau vor Gericht klagte, dass sie ihren Pass nicht abholen könne. Im Formular für die Abholung stand im Unterschriftsfeld einfach nur „Inhaber“! Aber das seien doch nur die Männer!
Sie setzte durch, dass dort in Zukunft „Passinhaber bzw. Passinhaberin“ stehen muss.
Seither ist der Oberbegriff Geschichte: es gibt nur noch Inhaberinnen und Inhaber – und keine Bezeichnung mehr für alle Menschen, die den Pass besitzen, – unabhängig von ihrem Geschlecht.
Die Kurzbegriffe den Männern zu verordnen und damit die Oberbegriffe zu eliminieren geht aber gegen jede Sprachlogik. Führt in genau die Sackgasse, in der wir gerade stecken.
Es kann keine sprachliche Gerechtigkeit geben, solange die Geschlechter – egal wie viele – nicht auf gleiche Art moviert werden. Also auf gleiche Art vom selben kurzen Oberbegriff abgeleitet werden.
Die weibliche Endung -in/innen ist fest etabliert. Männer und Nonbinäre brauchen also Endungen (Moveme), die sich am weiblichen Movem orientieren.
Das Klassische Gendern nach Thiery beispielsweise greift auf eine uralte Endung für Männer zurück: Das „-rich“, bekannt aus dem „argen Wüterich“ im Struwwelpeter, dem Elferich und dem Enterich.
Beim klassischen Gendern sind also alle, die einen Pass haben, Inhaber.
Frauen sind Inhaberinnen, Männer Inhaberiche.
Eine eigene, gleichberechtigte Endung für Nonbinäre ist ganz einfach möglich; diese wurde beim Klassischen Gendern bisher nicht festgelegt, damit diese Gruppe das selbst tun kann.
Beim Gendern 2.0 gibt es aber auch andere Optionen. Statt einer uralten Endung können es auch neue Endungen für die Männer und Nonbinären sein; solche, die sich womöglich leichter sprechen lassen oder besser zu verstehen sind.
Beim Inversen Gendern nach Gnadl z. B. sind alle, die einen Pass besitzen, Passinhaber – so wie bei allen Gendern 2.0-Formen.
Die Movierungen heißen hier Inhaberinnen (weibl.), Inhaberonnen (männl.) und Inhaberissen (nonbinär).
Hier werden also die verschiedenen Geschlechter durch verschiedene Vokale gekennzeichnet.
Zwei weitere Ideen bauen ebenfalls auf unterschiedlichen Vokalen in den Suffixen auf:
Beim In-on-an-Gendern nach Melsa würde die Gesamtgruppe der Inhaber aus Inhaberinnen (weibl.), Inhaberannen (männlich) und Inhaberonnen (nonbinär) bestehen; beim Basisneutralen Gendern nach Lüthe (Näheres dazu hier auf dieser Webseite) aus Inhaberinnen (weibl.), Inhaberunnen (männl.) und Inhaberannen (nonbinär).
Wir von Gendern 2.0 hatten unabhängig voneinander verschiedene Ideen für die Endungen. Auf den ersten Blick irritierend.
Tatsächlich sind die Moveme für Männer und Nonbinäre aber zweitrangig.
Viel wichtiger ist es, die Kurzbegriffe wieder als Oberbegriffe zurückzugewinnen, und so eine logische Grundstruktur als solides Fundament für die zukünftige Entwicklung unserer Sprache zu erhalten.