Endlich in der Sprache sichtbar
alter Oberbegriff | weibliche Form | Lösungsweg um alle Gender anzusprechen | |
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Englisch | teacher | teacheress | Oberbegriff teacher bleibt, teacheress ist verschwunden |
Niederländisch | leraar | lerares | Oberbegriff Leraar bleibt, die lerares verschwindet |
Isländisch | kennari | kennari hat sich als Oberbegriff uneingeschränkt durchgesetzt | |
Dänisch | lærer | lærerinde | lærer ist Oberbegriff, lærerinde verschwindet |
Schwedisch | lärare | lärarinna | lärare bleibt Oberbegriff, lärarinna ist zum größten Teil verschwunden |
Norwegisch | Lærer | ||
Deutsch | Lehrer | Lehrerin | “Lehrer und Lehrerinnen” ersetzen den Oberbegriff “Lehrer” |
Zunächst war da nur eine Frage.
Wieso haben sich diese dem Deutschen verwandte Sprachen bei der Entrümpelung ihrer die Frauen diskriminierenden Elemente dazu entschlossen, die weiblichen Endungen aus der Sprache zu drängen und die Oberbegriffe (Lehrer) zu behalten; und nur das Deutsche machte es genau anders herum?
Bei uns gelten auf einmal die viele tausend Jahre alten Oberbegriffe als diskriminierend und werden entsorgt. Werden durch Wörterpärchen wie “Lehrer und Lehrerinnen” ersetzt, oder gar durch “Lehrer*innen”.
Und statt wie in den anderen Sprachen einfach langsam zu verschwinden treten hier die weiblichen Formen, also die „Lehrerinnen“, einen wahren Siegeszug an. Werden ständig genannt, obwohl es meistens überhaupt nicht ums Geschlecht geht. Mit der Begründung, dass es für die Frauen wichtig sei, endlich in der Sprache sichtbar zu sein.
Das war also die Frage, um die es ging: Wieso dieser Sonderweg?
Irgendwie scheinen die weiblichen Formen, die In’s und die Innen, besonders fest im Deutschen verankert. Stehen Pate für ein großes Paradoxon: Das Geschlecht soll doch bitte endlich keine Rolle mehr spielen, aber auf keinen Fall verzichten wir auf die weiblichen Endung – Wasch mich aber mach mich nicht nass!
Reden wir nicht um den heißen Brei herum. Die Antwort ist ganz einfach. Und gleichzeitig ist sie unheimlich schwer, fast unsagbar. Denn sie führt uns mitten ins dunkelste Kapitel unserer Geschichte.
Die ersten, die die Frauen auf genau diese Art kontinuierlich und massiv sprachlich sichtbar machten waren die Nazis.
Hitler begrüßte seine Zuhörer mit “Volksgenossen und Volksgenossinnen“, auf Parteitagen auch mit “Nationalsozialisten und Nationalsozialistinnen”. Das gleiche tat Goebbels: “Meine lieben deutschen Volksgenossen und Volksgenossinnen.”
Und Göring: “Meine lieben deutschen Volksgenossen und Genossinnen. Kameraden.”
Sie taten das nicht nur ab und zu, hinter vorgehaltener Hand, damit das Patriarchat es nicht merkt.
Nein; eine einfache Internetrecherche¹ bringt es ans Licht; und es führt kein Weg an der schlichten Einsicht vorbei: Die Nazis begannen spätestens in den 20er Jahren damit, Frauen auf diese neue Art, heute ‚Doppelnennungen‘ oder ‚binäres Gendern‘ genannt, gezielt und massiv ’sprachlich sichtbar‘ zu machen.
Es waren viele tausend Nennungen, aber sie wurden millionenfach gehört! Schauen Sie sich bitte hier an, wie das Terrorregime vorging um ihr krankes Weltbild, natürlich in der beschriebenen Sprache, bis in den letzten Winkel des Reiches zu verbreiten. Der massive Ausbau des Rundfunks, die Absenkung der Preise für den ‚Volksempfänger‘ bis hin zu den für alle verpflichtenden Gemeinschaftsübertragungen in den Betrieben, Behörden und Schulen. Dem konnte sich niemand entziehen. Eine Zeitung kann man zur Seite legen, aber die Sprache, die in der Wochenschau durch den Kinosaal hallt oder die in der ‚guten Stube‘ Kinderohren erreichen, diese Sprache geht direkt ins Sprachzentrum.
Die Nazis nutzten also nicht nur diese Sprache, sie hämmerten sie auch mit ihrem Gebrüll in die Köpfe ein, und niemand konnte sich dem entziehen.
So wurden im Deutschen die weiblichen Formen fest in der Sprache installiert ohne überhaupt über Sprache zu reden. Vom Greis bis zum kleinste Kind, alle hörten diese Sprache und übernahmen sie, so wie jeder Mensch Sprache, die er regelmäßig hört, übernimmt. Erst recht wenn es um die Sprache derer geht, die einen solchen Kultstatus besaßen wie damals.
Wenn Gendern definiert wird als das Benennen von Gendern, also von Geschlechtern, dann liegt Aly Götz in der FR mit seiner Behauptung richtig, dass Hilter als einer der ersten genderte. Durch die Benennung der beiden Geschlechter in ‘Volksgenossen und Volksgenossinnen‘ begannen auf diese Art ausgerechnet er und seine Schergen mit der Demontage unserer Oberbegriffe, leiteten ihre Eliminierung ein. Eine Eliminierung, die inzwischen dank der Rundfunkanstalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz kurz vor dem Abschluss steht.
Im selben Zuge machten die Nazis die Frauen in ihrer Sprache ’sichtbar‘. Als sie von ‚Genossinnen‘ und ‚Sozialistinnen‘ sprachen, obwohl das Geschlecht an diesen Stellen inhaltlich gesehen überhaupt keine Rolle spielte. Der Grund, die Frau auf diese besondere Art in der Sprache sichtbar zu machen lag offensichtlich darin, sie zu umwerben. Von Ihnen gewählt zu werden. Was ihnen auch gut gelang, wie Aly Götz in seinem Artikel klar belegt.
Es sollte uns zu denken geben, dass wir uns heute wahrscheinlich deswegen in einem unlösbaren Sprachenstreit fest hängen, weil wir an einer Sprache kleben, die damals Teil der Nazistrategie war, um an die Macht zu kommen.
Ihr Motiv für diese Sprache auf der Hand. 1918 wurde in Deutschland und Österreich das Frauenwahlrecht eingeführt. Es ging um eine riesige neue Wählergruppe, eine Gruppe größer als die komplette Wählerschaft zuvor! Wer es schaffte die Wählerinnen für sich zu gewinnen hatte einen Riesenvorteil im abzusehenden Machtkampf. Und offensichtlich waren Hitler, Goebbels & Co die ersten, die es wagten die Sprache für ihre Zwecke zu missbrauchen. Gerade in der schwierigen Zeit nach dem Krieg mit seinen extremen wirtschaftlichen Folgen waren die vielen verzweifelten Frauen eine ideale Zielgruppe.
Wenn wir also nach der Ursache suchen, wieso aus der nordischen Sprachfamilie ausgerechnet das deutsche diesen Sonderweg mit der Einbindung der weiblichen Formen, der Lehrerinnen, der Genossinnen und der Sozialistinnen ging, statt diese Formen wegen ihres diskriminierenden Charakters zu entsorgen, dann könnte hier die Ursache liegen: Das gezielte Einfangen der Frauen per Sprache durch die Nazis in dieser besonders schwierigen Zeit.
Offensichtlich begann diesen Coup, die Frauen für sich zu gewinnen in den 1920er Jahren. Ab 1933 wurde diese Sprache praktisch verstaatlich; fand über alle mediale Kanäle die Köpfe aller. Der Zusammenbruch des dritten Reiches beendete dann zwar vieles, aber das schon fest in den Köpfen sitzende Sprachverständnis lebte weiter.
Die feministische Linguistik wollte in den 1980er Jahren die Sprache revolutionieren, baute aber tatsächlich ebenfalls auf diesem fest verankerten in/innen-Movem auf, statt es wie unsere Schwestersprachen zu entsorgen. Und bissen sie sich statt dessen am generischen Maskulinum fest, von dem wir heute wissen, dass es in der Liste der Ungerechtigkeiten eigentlich gar nichts zu suchen hat. Ein Besuch in den nordischen Ländern ist genauso hilfreich wie die Lektüre von „Studien zum genderübergreifenden Maskulinum“ von Prof. Meineke.
Nein, statt an die wirklich diskriminierenden Punkte heran zu gehen klagten die Feministinnen mit dem generischen Maskulinum den Falschen an.
Dass in ihrer neuen, angeblich gerechten Sprache weiterhin die “Freundin” vom “Freund”, also die Frauen von den Männern abgeleitet werden schien nicht zu stören. Genau so wenig wie die mit diesem Weg verbundene Eliminierung der Oberbegriffe. Statt dessen gab es ebenso verzweifelte wie erfolglose Versuche, das generische Maskulinum durch das generische Femininum zu erstetzen.
Auch Gebilde wie SängerInnen, Zuschauer:innen und Philosoph*innen mit ihren fatalen Irrtümern bauen auf genau diesem Sprachverständnis auf, das die Nazis auf den Weg brachten.
Es ist eigentlich ganz einfach.
Und trotzdem ist es unheimlich schwer.
Aber klar ist: je schneller wir aus dieser Falle herausfinden, desto besser.
Gendern 2.0 ist der schnellste, sicherste und friedliche Weg heraus.
Nebenbei: auch Gendern 2.0 enthält ein Paradoxon.
Allerdings ein sehr beruhigendes: obwohl es eine eigene Form für die Männer einführt kann es auf dem kürzesten Weg zu seiner Abschaffung führen. Und gleichzeitig zur Abschaffung der weiblichen in/innen-Endung!
Damit würde es uns genau dort hin führen wo unsere sechs verwandten Sprachen heute schon sind.
Wenn sich nämlich nach der Einführung der männlichen Form zeigt, dass es einfach zu nervig und mühsam ist, ab und zu mal, wenn es ums Geschlecht geht, über weibliche, männliche und nonbinäre Formen nachzudenken, dann kann die Sprachgemeinschaft, also jeder von uns, schnell auf diese Endungen verzichten. Die Oberbegriffe reichen ja, passen immer. Dann spielen Geschlechter endlich und wirklich keine Rolle mehr. So wie es die Isländer, Schweden, Dänen, Engländer, Niederländer und Norweger schon heute haben.
Oder – die Moveme für Männer, Frauen und Nonbinäre dürfen überleben und machen unsere Sprache zu etwas besonderem. Das Schöne: jeder darf bei dieser Abstimmung mit entscheiden. Über die Art, wie er redet. Gendern 2.0 gibt nur den Rahmen für diese Abstimmung, mehr nicht.
¹ Statt Quellenangaben hier die Anleitung, die vielen authentischen Quellen mit eigenen Augen durchzuforsten: Geben Sie einfach ‚Reden Hitler’, oder ‘Reden Goebbels’, gerne auch andere Nazigrößen in der Suchmaschine Ihrer Wahl ein und filtern nach ‘Bücher’ . In ‘Google Books’ finden sie Kopien unzähliger Originale aus dieser Zeit. Sie können sie lesen, Seite für Seite, Wort für Wort.